Einleitung


Obwohl die Entwicklung von E-Government-Anwendungs­systemen aus unterschiedlichen Richtungen vorangetrieben wird, ist bisher die Integration der beiden Kern-Elemente des E-Government nicht im wünschenswerten Umfang beachtet worden.[1]

Misslungene Integration

Beispielsweise entstehen aus technischer Perspektive Architekturmodelle für E-Government-Systeme, ohne dass sie einen nachvollziehbaren Bezug zu den Arbeitsaufgaben der Verwaltungs­prozesse haben. Neue Organisationsformen für die öffentliche Verwaltung (z.B. das Back-/Front-Office Organisationsmodell) werden häufig nur aus einer eher allgemeinen organisa­torischen Perspektive heraus konzipiert, ohne dass ein nachvollziehbarer Bezug zu den Prozessschritten der Verwaltungs­prozesse, oder zur unterstützenden IuK hergestellt wird. Unter diesen Vorzeichen ist eine intensive Unterstützung der Prozessdurchführung nur schwer zu erreichen.

Für die Umsetzung von eGovernment ist es unabdingbar, dass die sich aus den Verwaltungs­prozessen ergebenden Arbeitsaufgaben zusammen mit der sie unterstützenden Informationstechnik betrachtet werden. Nur so gelingt die Integration von Prozessen und IuK, die eine effiziente Prozessabwicklung und damit letztlich neue Organisationsmodelle ermöglicht. Dabei sind insbesondere die so genannten Altsysteme oder Fachanwendungen relevant, die von bisherigen Ansätzen häufig vernachlässigt werden.

Integration erfordert Analyse der Anforderungen

Die direkte Überführung von Prozessen in eine IT-Architektur ist aufgrund der verschiedenen Sichtweisen und der unter­schied­lichen Detailtiefe unmöglich. Daher muss zwischen Prozess­ebene und Architekturebene eine Anforderungsebene (im Sinne einer Anforderungsanalyse) als verbindendes Element eingeführt werden. Dass diese Ebene in den verwaltungs­wissenschaftlichen Arbeiten zum eGovernment bisher unberücksichtigt geblieben ist, zeigt aus Informatik-Sicht ein grundsätzliches methodisches Problem auf. Die Entwicklung von eGovernment-Anwendungssystemen setzt auch immer eine Ingenieursleistung voraus. Erst sie bildet das eGovernment-Fundament dafür, dass die aus Verwaltungssicht erstellten Konzepte in einer adäquaten Form technisch umgesetzt werden können. Nur in dieser adäquaten Form kann die IuK ihrer Möglichkeiten ausreizen und so die an sie gestellten Erwartungen erfüllen. Der dafür notwendigen informationstechnischen Ingenieurs­leistung wurde bisher nicht in ausreichendem Maße Aufmerksamkeit zugemessen. Betrachtet man nur die bisherigen, häufig pragmatisch orientierten Ansätze in der Literatur, besteht die Gefahr, verwaltungsorganisatorische Ziele eines eGovernment-Ansatzes zu verfehlen. Auch Versuche Anforderungen induktiv aus der Empirie heraus zu entwickeln, müssen letztlich als nicht adäquat betrachtet werden, da sie schon vom methodischen Ansatz her nicht über die empirische Entwicklung hinausreichen und daher besondere Anforderungen oder technische Weiterentwicklungen nicht berücksichtigen können.[2] Dieser Beitrag hat deshalb zum Ziel, die ingenieursgemäße Umsetzung von Verwaltungs­prozessen in eine eGovernment-Anwendung exemplarisch herauszuarbeiten.

Referenzmodelle für die öffentliche Verwaltung

In der Literatur wird an verschiedenen Stellen die Forderung nach Referenzprozessen für die Verwaltung erhoben (vgl. u.a. Lenk 2002). Doch werden, in Anwendung der vorangegangenen Ausführungen, nicht nur Referenzmodelle für die Prozessebene benötigt, sondern auch für die Ebene der Anforderungen und der Architektur, um die Potenziale des E-Government vollständig ausschöpfen zu können.[3] Um allgemeingültige Aussagen über neue Formen der Ver­wal­tungs­arbeit (aufgrund neuer Prozesse oder Organisations­modelle) treffen zu können, werden Informationen über deren mögliche technische Unterstützung zwingend für ihr gemeinsames Zusammenspiel benötigt (vgl. Wimmer/Traunmüller 2002).

Als ein Ergebnis des >Projektes „eLoGo“ am Kommunalwissenschaftlichen Institut der Universität Potsdam entstanden mehrere abstrakt-generelle Modelle, die das Zusammenspiel zwischen Verwaltungsprozessen und Informations­technik auf unterschiedlichen Ebenen beschreiben.

Mehr zu diesen Modellen und welchen Beitrag sie zur Entwicklung von eGovernment-Architekturen liefern, >lesen Sie hier.


[1] Einen Ansatz, der sich an dem ODP-Modell orientiert und gleichzeitig mit den eLoGo-Projektergebnissen fertig gestellte wurde, wird in der Version 2.0 der „Standards und Architekturen für E-Government-Anwendungen“ (SAGA) der KBSt im BMI vorgestellt.

[2] Vgl. als Beispiel dafür: Hagen, M. (2001): Ein Referenzmodell für Online-Transaktionssysteme im Electronic Government,

[3] Indizien dafür finden sich in verschiedenen technischen Spezifikationen, darunter u.a. bei XMeld (vgl. OSCI-Xmeld-Projektteam 2003).